Sachverhalt des BAG-Urteils zur Kündigungsschutzklage einer Schwangeren

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 03.04.2025 (Aktenzeichen: 2 AZR 156/24) lag folgender Sachverhalt zugrunde: 

Die Klägerin wurde von ihrer Arbeitgeberin am 13.05.2022 ordentlich gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass sie schwanger war. 

Am 29.05.2022 führte die Klägerin einen Schwangerschaftstest durch. Dieser hatte ein positives Ergebnis.
Darüber informierte die Klägerin ihre Arbeitgeberin noch am selben Tag und bemühte sich auch umgehend darum, einen Termin bei ihrer Frauenärztin zu bekommen. Einen Termin erhielt sie aber erst für den 17.06.2022. Dort bestätigte ihr Frauenarzt eine Schwangerschaft im ca. zweiten Monat.

Die Klägerin erhob erst Mitte Juni Kündigungsschutzklage und damit zu einer Zeit, in der die dreiwöchige Frist dafür eigentlich schon abgelaufen war. Die Klägerin verband ihre Klage daher mit einem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage. 

Sie war der Meinung, dass sie erst durch die ärztliche Feststellung sichere Kenntnis davon gehabt hat, dass sie im Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger gewesen ist. Daher müsse die Klage nach ihrer Auffassung nachträglich zugelassen werden.

Die Arbeitgeberin vertrat dagegen die Auffassung, dass die Klägerin bereits durch den Schwangerschaftstest während der offenen Klagefrist Kenntnis erlangt hat und die Klage daher nun verfristet sei.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. 

Rechtlicher Hintergrund: Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage

Nach § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn er sich gerichtlich gegen diese wehren will und geltend machen möchte, dass die Kündigung unwirksam ist.

Geschieht dies nicht rechtzeitig, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, ganz unabhängig davon, ob dies der Wirklichkeit entspricht oder nicht (§ 7 KSchG).

Für den betroffenen Arbeitnehmer ist es daher von elementarer Bedeutung, diese Klagefrist einzuhalten, da er ansonsten mit seinen Einwänden gegen die Kündigung vor Gericht nicht mehr angehört wird.  

Unwirksamkeit der Kündigung im vorliegenden Fall

Auch im vorliegenden Fall war die Einhaltung der Klagefrist bzw. die nachträgliche Zulassung als erster Schritt relevant, damit die Klägerin dann im zweiten Schritt ihren rechtlichen Einwand gegen die Wirksamkeit der Kündigung vorbringen konnte:

Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger. Der Gesetzgeber trägt dem besonderen Schutzbedürfnis von Frauen während der Schwangerschaft Rechnung, indem er Kündigungen während dieses Zeitraums für unzulässig erklärt. 

Voraussetzung ist dabei, dass die Schwangerschaft bereits zum Zeitpunkt der Kündigung besteht und der Arbeitgeber davon Kenntnis hat oder jedenfalls unverzüglich von der schwangeren Arbeitnehmerin über diese informiert wird (§ 17 Absatz 1 Mutterschutzgesetz). 

Im vorliegenden Fall war die Kündigung daher unwirksam: 

Die Klägerin war bereits im Zeitpunkt der Kündigung schwanger und hat dies ihrer Arbeitgeberin auch unverzüglich mitgeteilt, als sie davon erfahren hatte. 

Zulassung einer eigentlich verspäteten Klage

Für den Erfolg der Klage war es für die Klägerin daher von wesentlicher Bedeutung, dass ihre eigentlich verspätet erhobene und damit verfristete Klage ausnahmsweise nachträglich zugelassen wird. 

Das Gesetz sieht eine solche nachträgliche Zulassung in besonderen Ausnahmefällen ausdrücklich vor:

So kann eine Kündigungsschutzklage auch nach Ablauf der regulären Dreiwochenfrist vom Gericht zugelassen werden, wenn die betroffene Frau erst nach Fristablauf positive Kenntnis von ihrer Schwangerschaft erlangt (§ 5 Absatz 1 KSchG), die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung aber bereits bestand.

Die entscheidende Frage, mit welcher sich die Richter am BAG zu beschäftigen hatten, war wann genau die Arbeitnehmerin Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hatte: War dies bereits in dem Moment der Fall, als sie das positive Ergebnis des Schwangerschaftstest hatte oder erst dann, als die Schwangerschaft durch ihre Frauenärztin bestätigt wurde?

Das BAG entschied dazu, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung nicht das Ergebnis eines selbst durchgeführten Schwangerschaftstests entscheidend ist, sondern die ärztliche Bestätigung der Schwangerschaft.

Zur Begründung führten die Richter an, dass es schon zweifelhaft sei, ob die Arbeitnehmerin durch den positiven Schwangerschaftstest überhaupt ausreichend sichere Kenntnis über die Schwangerschaft an sich erlangt hat. Jedenfalls könne die Arbeitnehmerin durch einen selbst durchgeführten Schwangerschaftstest keine verlässliche Kenntnis darüber erlangen, ob die – möglicherweise bestehende – Schwangerschaft bereits zum zurückliegenden Kündigungszeitpunkt bestanden hat oder erst später eintrat. 

Eine Gewissheit darüber kann nur durch das Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung erreicht werden. Dass sich diese verzögert hat, konnte der Arbeitnehmerin nicht angelastet werden, weil diese den frühestmöglichen Termin bei ihrer Frauenärztin wahrgenommen hatte.

Nach der ärztlichen Bestätigung hat die Arbeitnehmerin dann maximal zwei Wochen Zeit für den Gang zum Arbeitsgericht (§ 5 Absatz 3 KSchG).

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