Sachverhalt des BAG-Urteils zur Sonderzahlung

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 04.07.2024 (Aktenzeichen: 6 AZR 206/23) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war Angestellte im öffentlichen Dienst eines Bundeslandes und arbeitete grundsätzlich in Vollzeit. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Die Klägerin nahm vom 15. August 2021 bis zum 18. Juni 2022 Elternzeit; während der Elternzeit wurde ein Teilzeitarbeitsverhältnis im Umfang von 15 Wochenstunden vereinbart. 

Bei der Auszahlung der Corona-Sonderzahlung 2022 bekamen alle Beschäftigten des Landes diese Sonderzahlung entsprechend des im Arbeitsvertrag vereinbarten Beschäftigungsumfangs. Auch die Klägerin erhielt die Sonderzahlung – allerdings nur anteilig entsprechend dem Umfangs ihrer aktuellen Teilzeittätigkeit während der Elternzeit. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Zahlung der Differenz zur vollen Sonderzahlung, wie sie sie in ihrem außerhalb der Elternzeit bestehenden Vollzeit-Arbeitsverhältnis erhalten hätte. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Allgemeine und spezielle Regelung der Sonderzahlung

In § 2 Abs. 2 Satz 2 des TV für die Sonderzahlung hatten die Tarifvertragsparteien durch den Verweis auf § 24 Abs. 2 TV-L festgelegt, dass regulär in Teilzeit Beschäftigte die Sonderzahlung nur anteilig entsprechend ihrer jeweiligen Teilzeitquote erhalten (allgemeine Regelung). Für ruhende Arbeitsverhältnisse – das sind zum Beispiel Arbeitsverhältnisse während der Elternzeit – wurde jedoch eine andere Regelung getroffen: Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 TV, der als spezielle Regelung der allgemeinen Vorschrift vorgeht, richtet sich die Höhe der Sonderzahlung in Fällen eines am Stichtag ruhenden Arbeitsverhältnisses nach der zuletzt vor dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbarten Wochenarbeitszeit, im Falle der Klägerin also dem außerhalb der Elternzeit bestehenden Vollzeitarbeitsverhältnis.

Beschäftigte in Elternteilzeit dürfen nicht benachteiligt werden

Diese Regelung ist folgerichtig, da das Ruhen des Arbeitsverhältnisses lediglich eine vorübergehende Unterbrechung darstellt und den rechtlichen Status des Arbeitsverhältnisses nicht verändert. Bildlich gesprochen: Das Arbeitsverhältnis wird während der Ruhephase in dem Zustand weitergeführt, in dem es sich unmittelbar vor dem Ruhen befand. Somit wird während des ruhenden Arbeitsverhältnisses das Vollzeit-Arbeitsverhältnis mit dem Stand von vor Beginn des Ruhens weiter „mitgeschleppt“.

Entscheidend für den Streitfall war die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis, für das am maßgeblichen Stichtag Elternteilzeit vereinbart war, unter die oben genannte allgemeine Regelung oder unter die Sonderregelung fällt, ob also der aktuelle Teilzeitumfang oder der eigentliche Vollzeitumfang außerhalb der Elternzeit berechnet wird. Das BAG entschied sich für Letzteres: Es stellte fest, dass ein Arbeitsverhältnis während der Elternteilzeit nur teilweise ruht und im Übrigen fortbesteht. 

Das Hauptargument dabei ist, dass es nicht gerechtfertigt wäre, Beschäftigte, die während der Elternzeit weiterhin in Teilzeit arbeiten und somit ihre Hauptleistungspflicht zumindest teilweise erfüllen, schlechter zu stellen als solche, deren Arbeitsverhältnis während der Elternzeit vollständig ruht und die keinerlei Arbeitsleistung erbringen. 

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