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BAG: Schadensersatz aufgrund fehlender Zielvereinbarung möglich

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Viele Arbeitgeber gewähren ihren Beschäftigten nicht nur ein festes Arbeitsgehalt, sondern vereinbaren mit ihren Mitarbeitern zusätzlich Bonuszahlungen. Eine mögliche Variante für die Gewährung einer solchen Zusatzleistung ist der Abschluss einer Zielvereinbarung. Wenn eine solche fehlt, kann der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung zu Schadensersatz verpflichtet sein.

Geld Schadenersatz

Bonus zum Fixgehalt: So funktioniert die Zielvereinbarung

Bei Zielvereinbarungen erhält der Arbeitnehmer am Ende eines Kalender- oder Geschäftsjahres einen Bonus, der hinsichtlich seines Entstehens und seiner Höhe vom Erreichen vereinbarter Ziele abhängig ist. Mit solchen erfolgsbasierten Boni sollen die Arbeitnehmer zu Leistungssteigerungen animiert werden. Er soll also Anreiz zur Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele bieten. Dabei braucht es hierfür stets eine Vereinbarung, weil der Arbeitgeber Lohn nicht einseitig von der Erreichung bestimmter Ziele abhängig machen kann.

Teile der Bonuszahlung: Rahmenvereinbarung und jährliche Zielvereinbarung

Üblicherweise wird eine leistungsabhängige Zielvereinbarung zweistufig ausgestaltet. Im Arbeitsvertrag wird eine Rahmenregelung getroffen, ob es eine zielabhängige Vergütung gibt und welche Höhe sie maximal beträgt. Die vom Arbeitnehmer zu erreichenden Ziele werden dann Jahr für Jahr in einer separaten Vereinbarung konkretisiert

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mit Urteil vom 17.12.2020 – Az. 8 AZR 149/20 über einen Fall zu entscheiden, bei dem ein leitender Angestellter laut Arbeitsvertrag 25 Prozent seines Bruttojahresgehalts als Erfolgsprämie für das Erreichen einer Zielvereinbarung erhalten sollte. Eine solche Zielvereinbarung mit seinem Arbeitgeber kam jedoch nie zustande, weshalb auch kein Bonus ausgezahlt wurde. Der Angestellte machte den entgangenen Bonus deshalb im Wege eines Schadensersatzanspruchs geltend.

BAG: Arbeitgeber trifft Pflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung

Das BAG gab dem Kläger recht. Er habe grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des vollen jährlichen Bonus, wenn eine hierfür notwendige Zielvereinbarung nicht abgeschlossen wurde. Der Arbeitgeber verletze schuldhaft eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag, wenn keine jährliche Zielvereinbarung abgeschlossen wird, obwohl im Anstellungsvertrag eine Rahmenvereinbarung zu einem Bonus getroffen wurde. Dies ergebe sich aus der interessengerechten Auslegung der Rahmenvereinbarung: Wenn offen ist, an welcher Leistung des Mitarbeiters eine Zielvereinbarung anknüpfen soll, hätten redliche Vertragsparteien eine zusätzliche Vereinbarung erzielt. 

Die Anreizfunktion der Zielvereinbarung zur Mitarbeitermotivation und Leistungssteigerung könne nach Auffassung des BAG nur erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer die Ziele bei Ausübung seiner Tätigkeit bereits kennt. Mit Ablauf des Jahres, für welches der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber die Ziele vereinbaren wollte, kann dieser Zweck jedoch nicht mehr erreicht werden – das Jahr ist immerhin vorbei. Die Festlegung von Zielen ist mit dem Ablauf der Zielperiode also unmöglich geworden im Sinne des § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hierfür sei damit Schadensersatz zu leisten.

Schadenshöhe: Entgangener Gewinn durch nicht geschlossene Zielvereinbarung

Der Schaden, der dem Arbeitnehmer bei nicht erfolgter Zielvereinbarung entstanden ist, berechnet sich aus § 252 S. 1 BGB nach den Grundsätzen des entgangenen Gewinns. Hat der Arbeitgeber kein Gespräch mit dem Arbeitnehmer über die Zielvereinbarung geführt, ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus die Grundlage für die Ermittlung des entgangenen Gewinns. Zwar kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer jedes ihm gesteckte Ziel erreicht hätte, doch verfehlt die Zielvereinbarung ihren Motivationszweck, wenn ihr Erreichen unmöglich gewesen wäre. Nach § 252 S. 2 BGB i. V. m. § 287 ZPO findet insofern eine Beweiserleichterung statt, dass für den Anspruch genügt, dass der Arbeitnehmer den gewöhnlichen Verlauf und die Wahrscheinlichkeit des Erreichens der Ziele darlegt. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele erreicht hätte.

Doch auch den Arbeitnehmer treffen Obliegenheiten: Wenn die Rahmenvereinbarung nicht regelt, von wem die Initiative einer Zielvereinbarung ausgeht, sei es nicht alleine Sache des Arbeitgebers eine Vereinbarung vorzuschlagen, so das BAG. Deshalb habe sich der Arbeitnehmer ein Mitverschulden anrechnen zu lassen, wenn auch er keine Verhandlungen über die Zielvereinbarung angestoßen hat.

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