Sachverhalt des BAG-Urteils zur Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit

Dem Urteil des BAG vom 05.12.2023 (Aktenzeichen: 9 AZR 364/22) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war in der Zeit vom 20. März bis zum 31. Dezember 2020 arbeitsunfähig krank. Aus Anlass eines damals noch durch die Corona-Pandemie bedingten Arbeitsausfalls trafen die Parteien am 23. März 2020 als Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag eine Vereinbarung über Kurzarbeit, in der es u.a. hieß: „Das Arbeitsverhältnis wird im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 31.12.2020 in Kurzarbeit fortgesetzt. Während der Kurzarbeit beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 0 Wochenstunden.“

Mit seiner Klage hatte der Kläger die Abgeltung von 15 Arbeitstagen gesetzlichen Mindesturlaubs für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 2020 verlangt. Er vertrat die Auffassung, dass ein Urlaubsanspruch in diesem Spezialfall trotz Kurzarbeit entstanden ist, denn Zeiträume von Erkrankung seien wie fiktive Arbeitszeit zu behandeln. 

Die Arbeitgeberin hatte in ihrem Klageabweisungsantrag argumentiert, die vereinbarte Kurzarbeit „null“ führe unabhängig von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu einer Minderung des gesetzlichen Jahresurlaubs. Der Arbeitnehmer hatte mit seiner Klage bereits in der Vorinstanz vor dem LAG Schleswig-Holstein keinen Erfolg gehabt und daher nun Revision zum BAG eingelegt. 

Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit „null“ und gleichzeitiger Arbeitsunfähigkeit

Das BAG entschied, dass für den Fall, dass durch Kurzarbeit „null“ die Arbeitspflicht an ganzen Tagen wegfällt, der Urlaubsanspruch  anteilig zu kürzen ist. Eine gleichzeitige Arbeitsunfähigkeit während der Phase der Kurzarbeit „null“ ändert nichts an der durch Kurzarbeit neu bestimmten Arbeitszeitverteilung. Der Urlaubsanspruch musste nicht so berechnet werden, als ob Kurzarbeit nicht bestünde, weil die Ursache für den Arbeitsausfall die Kurzarbeit war, nicht die Krankheit.

Nur wenn Krankheit der alleinige Grund für den Arbeitsausfall ist, wird sie wie fiktive Arbeitszeit behandelt und der jährliche Urlaubsanspruch bleibt bestehen. Wurde dagegen Kurzarbeit „null“ vereinbart, so reduziert sich der Urlaubsanspruch für diesen Zeitraum in jedem Fall entsprechend, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während dieser Zeit arbeitsfähig oder arbeitsunfähig wäre.

Unionsrechtliche Einordnung bei Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit

Der unionsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Urlaub dient der Erholung von tatsächlicher Arbeitsleistung. Fallen ganze Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit aus, verringert sich die durch die gewöhnliche Erbringung der Arbeitsleistung bedingte Belastung. In diesem Fall steht es im Einklang mit dem unionsrechtlichen Urlaubszweck, den Urlaubsumfang an die herabgesetzte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers anzupassen. Krankheit wird in diesem Fall nicht wie sonst als „fiktive Arbeitszeit“ berücksichtigt, da sie hier nicht kausal für den Arbeitsausfall war.

Würde man während der Zeit von Kurzarbeit arbeitsunfähige Arbeitnehmer durch den Erhalt von ungekürzten Urlaubsansprüchen besserstellen, wären sie gegenüber arbeitsfähigen Kollegen während der Phase der Kurzarbeit privilegiert, denn deren Urlaubsanspruch wird für den Zeitraum von Kurzarbeit „null“ gekürzt. Erkrankte Arbeitnehmer sollen aber generell nicht besser, sondern lediglich gleichgestellt werden. 

Eine Privilegierung erkrankter Arbeitnehmer gegenüber arbeitsfähigen Arbeitnehmern würde aber eintreten, wenn arbeitsunfähige Arbeitnehmer bei der Berechnung ihres Urlaubsanspruchs so behandelt würden, als hätten sie keine Kurzarbeitsvereinbarung getroffen. Bei Einführung von Kurzarbeit „null“ im gesamten Betrieb würden sie in diesem Fall – anders als ihre arbeitsfähigen Kollegen – den ungekürzten Urlaub erhalten und wären diesen gegenüber bessergestellt. Würde man dem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch auf der Grundlage seiner „regulären“ Arbeitszeit einräumen, so hätte dies also zur Konsequenz, dass er allein aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit besser stünde, als wenn er in dem betreffenden Zeitraum arbeitsfähig gewesen wäre. Daher hat das BAG diesem Ansinnen des Klägers einen Riegel vorgeschoben und die Revision zurückgewiesen.

Kompetente Beratung durch Fachanwälte für Arbeitsrecht

Mit der langjährigen Erfahrung und Expertise unserer Fachanwälte für Arbeitsrecht stehen wir Ihnen für alle Fragen rund um das Thema Krankheit und Kurzabeit zur Seite. Natürlich beraten wir Sie auch gerne bereits vorbeugend über arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten. Kontaktieren Sie uns gerne jederzeit!