Sachverhalt des BAG-Urteils zum Feiertagzuschlag
Dem Urteil des BAG vom 01.08.2024 (Az.: 6 AZR 38/24) lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war einem Universitätsklinikum als technische Fachkraft angestellt und im öffentlichen Dienst des Landes NRW tätig. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.
Anfang November 2021 nahm der Kläger auf Anordnung seines Vorgesetzten an einer mehrtägigen Fortbildungsveranstaltung in Hessen teil. Während dieser Zeit arbeitete er auch am 1. November 2021 (Allerheiligen). Dieser Tag ist in NRW ein gesetzlicher Feiertag ist (§ 2 Abs. 1 Feiertagsgesetz NRW), in Hessen ist es dagegen ein normaler Werktag. Der Kläger verlangte den tariflichen Feiertagszuschlag; der beklagte Arbeitgeber verweigerte die Zahlung mit der Begründung, am tatsächlichen Einsatzort in Hessen habe es sich nicht um einen Feiertag gehandelt. Die Vorinstanzen entschieden uneinheitlich – während das ArbG Münster der Klage stattgab, wies das LAG Hamm sie ab. Die Revision des Klägers beim BAG hatte schließlich Erfolg.
Entscheidung des BAG zum Feiertagszuschlag
Das BAG stellt klar, dass bei der Beurteilung, ob ein Feiertagszuschlag zu zahlen ist, nicht auf den Ort der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern auf den regelmäßigen Beschäftigungsort abzustellen ist. Bei einer Fortbildung außerhalb des regelmäßigen Dienstortes wird dieser Bezugspunkt nicht aufgegeben oder verschoben.
Nach dem TV-L erhalten Beschäftigte für tatsächlich geleistete Arbeit an gesetzlichen Feiertagen einen Zuschlag. Die Vorschrift knüpft damit an den Begriff des „gesetzlichen Feiertags“ an, ohne jedoch ausdrücklich zu regeln, ob dies auf den Arbeits- oder Wohnort, den Einsatzort oder den Dienstort bezogen ist. Das BAG betonte, dass der Begriff des gesetzlichen Feiertags im tariflichen Sinne im Lichte des regelmäßigen Beschäftigungsorts zu verstehen ist. Eine vorübergehende Entsendung oder Fortbildung an einem anderen Ort sei keine Veränderung des Beschäftigungsortes im tariflichen Sinn.
Das BAG widerspricht damit der Argumentation des LAG in der Vorinstanz, das unter Verweis auf das Beschäftigungsverbot an Feiertagen (§ 9 ArbZG) den tatsächlichen Arbeitsort als entscheidend ansah. Der Sechste Senat des BAG wertete dies aber als unzulässige Vermischung öffentlich-rechtlicher Regelungen mit tarifvertraglichen Bestimmungen. Ob die Arbeit an einem gesetzlichen Feiertag gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften verstößt und daher rechtswidrig ist, spielt für den Anspruch auf tarifliche Zuschläge demnach keine Rolle.
Interessant ist auch, dass das BAG sich nicht am Bundesfeiertagsrecht oder an einer einheitlichen Definition orientiert, sondern eine eigenständige tarifliche Auslegung vornimmt. Damit wird klargestellt, dass bei bundeslandspezifischen Feiertagen die individuelle dienstliche Anbindung an ein Bundesland maßgeblich ist.
Auswirkungen des BAG-Urteils auf künftige Zahlung von Feiertagszuschlägen
Die Entscheidung des BAG stärkt die Rechtsposition von Arbeitnehmern, indem sie verhindert, dass durch gezielte Entsendung an Orte ohne Feiertagsregelung Feiertagszuschläge umgangen werden können. Gerade im Hinblick auf den öffentlichen Dienst, der übergreifend in allen Bundesländern viele Beschäftigte hat, ist die Entscheidung hilfreich, da sie klare Maßstäbe für die Berechnung von Zuschlägen setzt – und zugleich der Umgehung durch flexible Einsatzorte vorbeugt.
Zwar betrifft die Entscheidung konkret den TV-L, sie ist jedoch auch für ähnliche tarifliche Regelungen (z. B. im TVöD oder kirchlichen Dienst) von Bedeutung, wenn dort keine explizite Ortsdefinition erfolgt. Das BAG stellte aber auch klar, dass Abweichungen von den Tarifvertragsparteien und ggf. auch von den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden könnten.
Mit dem Urteil setzt das BAG ein deutliches Zeichen für tarifliche Klarheit und fairen Umgang mit regionalen Feiertagsregelungen. Arbeitgeber im öffentlichen Dienst müssen künftig genauer prüfen, wo sich der tatsächliche „tarifliche Anknüpfungspunkt“ befindet – und können sich nicht auf zufällige oder kurzfristige Einsatzorte berufen, um Zuschläge zu verweigern.
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