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Mobbing am Arbeitsplatz: Schadensersatz, Schmerzensgeld und sonstige Arbeitnehmerrechte

Arbeitsrecht Arbeitgeber Arbeitnehmer Mobbing

Aktuellen Studien zufolge hat rund jeder vierte Arbeitnehmer bereits Mobbing am Arbeitsplatz erfahren – oftmals sogar durch den Arbeitgeber selbst. Diese extreme Belastung für betroffene Arbeitnehmer endet oft in psychischer Krankheit und einer Arbeitsunfähigkeit. Und dennoch: Schadensersatz und Schmerzensgeld erhalten nur wenige Betroffene. Wer aber die rechtlichen Vorgaben und hohen Beweisanforderungen kennt, kann auch solche Ansprüche durchsetzen

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Wann liegt Mobbing von Arbeitnehmern vor?

Bereits in unserem ersten Beitrag zum komplizierten Feld des Mobbings haben wir den Begriff des Mobbings definiert. Die wichtigsten Details noch einmal in Kürze:

Eine gesetzliche Definition von Mobbing existiert in Deutschland nicht. Nach der Rechtsprechung ist Mobbing gekennzeichnet durch fortgesetzte Diskriminierungen, Anfeindungen und Schikanen, die ein von der Rechtsordnung nicht gedecktes Ziel haben und in ihrer Gesamtheit geschützte Rechte des Betroffenen (zum Beispiel das Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit) verletzen.

Wegen der notwendigen fortgesetzten Begehung reichen einzelne kritische Bemerkungen über einen Arbeitskollegen, die kein systematisches Ausmaß annehmen, nicht aus. Auch ein raues, unangenehmes Betriebsklima und einzelne, überzogene Kritik genügen nicht. Notwendig ist ein rechtswidriges Gesamtverhalten über einen längeren Zeitraum von einer gewissen Intensität. Dies zeigt sich regelmäßig in Beleidigungen, Tätlichkeiten, sexuellen Belästigungen, der Übertragung schikanöser Arbeitsaufgaben oder etwa dem unbegründeten Ausschluss von Meetings.

Arbeitnehmerrechte bei Mobbing im Überblick

Geht das Mobbing von Kollegen aus und bewegen sich die Handlungen im strafrechtlichen Bereich (etwa bei Beleidigungen, Bedrohungen oder sexueller Nötigung) haben Sie gegen die Täter Unterlassungsansprüche und können strafrechtlich vorgehen. Details hierzu haben wir bereits in unserem früheren Beitrag zum Thema Mobbing für Sie zusammengefasst. Bei bloßem unkollegialen Verhalten, etwa des Ausschlusses des Mitarbeiters von gemeinsamen Unternehmungen, das gezielte Ignorieren oder das Vorenthalten von Informationen, ist ein Vorgehen gegen die Mitarbeiter mangels Ansprüchen nicht möglich.

Dafür können Sie vom Ar­beit­ge­ber ver­lan­gen, dass die­ser in ge­eig­ne­ter Wei­se auf die Mitarbeiter ein­wirkt, um das Mobbing zu unterbinden. Zwar ist das genaue Vorgehen dem Arbeitgeber selbst überlassen, er muss aber einen schnellen und effektiven Weg wählen, um das Verhalten der Kollegen zu ändern. Primär wird es angebracht sein, zunächst das Gespräch zu suchen. Der Arbeitgeber hat sich dabei grundsätzlich schützend vor den betroffenen Mitarbeiter zu stellen. Im Einzelfall kommt auch eine Ermahnung oder Abmahnung der mobbenden Kollegen in Betracht. Eine

Versetzung oder gar eine Kündigung der Täter ist hingegen nur in sehr seltenen Extremfällen durchsetzbar.

Sofern der Arbeitgeber der Täter ist, haben Sie noch weitergehende Rechte: Weist Ihnen der Arbeitgeber etwa schikanöse Aufgaben zu oder entzieht Ihnen gar die komplette Arbeit, können Sie (notfalls gerichtlich) die Zu­wei­sung ei­ner dem Ar­beits­ver­trag ent­spre­chen­den Beschäfti­gung ver­lan­gen. Bei rechtswidrigen Abmahnungen besteht ein Anspruch auf Entfernung eben dieser aus der Personalakte.

Zeigende Hand

Geht der Arbeitgeber subtiler vor, stehen Sie ebenfalls nicht schutzlos da. Übt Ihr Vorgesetzter beispielsweise regelmäßig unberechtigte Kritik, denunziert Sie vor Kollegen oder verweigert Gespräche, haben Sie je nach Einzelfall einen einklagbaren Anspruch auf Unterlassung und vertragsgemäße Beschäftigung. 

In allen Fällen ist sogar ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich Ihrer Arbeitsleistung denkbar. Das bedeutet, dass Sie nicht mehr arbeiten müssen, solange der Arbeitgeber nichts gegen das Mobbing unternimmt. Doch Vorsicht: Sind Ihre Forderungen unberechtigt, weil kein Mobbing im rechtlichen Sinne vorliegt, stellt das unberechtigte Fernbleiben von der Arbeit einen Kündigungsgrund dar. Lassen Sie sich deshalb in diesem Fall unbedingt von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten.



Schadensersatz und Schmerzensgeld bei Mobbing

Schadensersatzansprüche von betroffenen Arbeitnehmern gegen den Arbeitgeber kommen einerseits aus arbeitsvertraglichen Schutzpflichtverletzungen und andererseits aus dem allgemeinen Deliktsrecht in Betracht.

Diese Ansprüche setzen jeweils eine Rechtsguts- bzw. Pflichtverletzung des Arbeitgebers voraus. Dabei ist der Arbeitgeber wegen § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet. Selbst wenn das Mobbing nicht vom Arbeitgeber selbst ausgeht, hat er sich schuldhaft begangene Rechtsverletzungen eines als Erfüllungsgehilfen eingesetzten Mitarbeiters oder Vorgesetzten zurechnen zu lassen, § 278 S. 1 BGB (BAG vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06). Eine Pflichtverletzung durch Unterlassen ist sogar denkbar, wenn der Arbeitgeber „nur“ untätig bleibt und den Arbeitnehmer nicht vor Mobbing schützt.

Allerdings ist nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z.B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Solche im Arbeitsverhältnis üblichen Konfliktsituationen reichen, selbst wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht aus (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15). Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dabei kommt es für die Beurteilung auf eine Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen an. Generell werden von der Rechtsprechung Schadensersatzansprüche nur sehr restriktiv bejaht.

Die Höhe des Schmerzensgeldes bestimmt sich ebenfalls nach dem Einzelfall, insbesondere der Schwere und der Dauer der Mobbing-Handlungen sowie der (gesundheitlichen) Folgen für den Arbeitnehmer. Klare Vorgaben gibt es nicht. Auch ist das Schmerzensgeld nicht abhängig vom gezahlten Gehalt, da es im Kern um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung geht. Dennoch nehmen einige Gerichte immer wieder darauf Bezug (so etwa LAG Köln vom 12.07.2010 – 5 Sa 890/09, das ein Schmerzensgeld von „deutlich mehr als einem Monatsgehalt“ als angemessen ansieht). Zur Veranschaulichung der Dimensionen des Schmerzensgeldes haben wir einige Beispielsfälle herausgesucht: Das Arbeitsgericht Eisenach sprach in einem Fall systematischer Persönlichkeitsverletzungen in über 30 Fällen 17.500 Euro als Schmerzensgeld zu (ArbG Eisenach vom 30.08.2005 – 3 Ca 1226/03). Das Arbeitsgericht Siegburg gewährte mit Urteil vom 11.10.2012 – 1 Ca 1310/12 insgesamt 7.000 Euro Schmerzensgeld wegen schikanöser Handlungen über mehrere Monate hinweg.

Mobbing beweisen: Ein Mobbing-Tagebuch ist unverzichtbar

Mensch schreibt in ein Buch

Die theoretisch bestehenden Ansprüche scheitern in der Praxis leider oftmals an fehlenden Beweisen. Der betroffene Arbeitnehmer trägt in diesen Fällen die volle Beweislast und muss insbesondere die erfolgten Mobbing-Handlungen darlegen können. Das Problem: Zeugen lassen sich oftmals nicht finden, da (mitinvolvierte) Kollegen sich in der Regel nicht gegen den Arbeitgeber stellen.

Entscheidend ist es daher, dass Sie ein sogenanntes Mobbing-Tagebuch anlegen. Dort muss jede Handlung des Arbeitgebers oder der Kollegen dokumentiert werden. Insbesondere müssen Sie Zeit, Ort und Art der Mobbinghandlung festhalten und die Beteiligten benennen. Außerdem sollten Sie notieren, welche Auswirkungen die Handlung auf Ihr eigenes Berufs- und Privatleben hat. Eventuell vorhandene Beweise wie E-Mails, Fotos oder Briefe sollten Sie ebenfalls aufheben und den entsprechenden Vorfällen zuordnen. Nur wenn die sauber dokumentierten Vorfälle den Schluss zulassen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gerade in seiner Ehre oder seinem Persönlichkeitsrecht habe treffen oder ihn habe mobben wollen, sind Mobbing-Klagen erfolgsversprechend.

Fazit: Auf die richtige Taktik kommt es an

Obwohl Mobbing für betroffene Arbeitnehmer zur Hölle werden kann, ist die Durchsetzung der theoretisch bestehenden Ansprüche nicht immer einfach. Wegen der rechtlichen Komplexität des Themenfeldes sollten Sie sich in diesen Fällen von einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Die Erfahrung zeigt, dass die Geltendmachung von Schadensersatz und insbesondere Schmerzensgeld wegen Mobbings meist nicht der erfolgversprechendste Weg ist. Dennoch finden wir in der Praxis meist einen Weg, etwa die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Dies setzt jedoch eine maßgeschneiderte Strategie voraus, die oft viele einzelne Maßnahmen beinhaltet und die wir gerne mit Ihnen erarbeiten.

Also selbst wenn ein gerichtliches Vorgehen nicht erfolgsversprechend erscheint, lassen sich geeignete Maßnahmen treffen. In einigen Fällen sind außergerichtliche Maßnahmen „auf dem kleinen Dienstweg“, etwa Anrufe beim Arbeitgeber oder ein klärendes Gespräch mit dem Fachanwalt als Mediator, sogar eine geeignetere Maßnahme als die Klageerhebung. Wir unterstützen seit Jahren Mandanten in Mobbing-Fällen und helfen Ihnen gerne in jeder Situation. Zögern Sie daher nicht , uns zu kontaktieren.